Summer school of reeducation presents: Herein zum 8. Mai! Exorzismen und Erbauliches zum 70.

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»Germany will not be occupied for the purpose of liberation but as a defeated enemy nation.«
(US-amerikanische Direktive JCS1067, April 1945)

Der 8. Mai 1945 markierte das Ende des zweiten Weltkrieges und die vollständige militärische Niederlage Deutschlands. Der deutsche Widerstand – der in erster Linie ein Widerstand gegen die Rettung der letzten noch lebenden Juden, gegen die Befreiung der Verfolgten, der millionenfach zu Zwangsarbeit gezwungenen, gegen das Erlöschen der Schornsteine in den Krematorien der Konzentrations- und Vernichtungslager, und nichts anderes gewesen ist – war gebrochen, und die hiesige Bevölkerung verfiel in Schockstarre, die mit akuter Amnesie und radikaler Schuldabwehr einherging. Zwischen 1933 und 1945 klafften überall biografische Lücken. Die Beteiligung an Krieg, Raub, Deportation, Ermordung und Entrechtung wurde kollektiv verdrängt oder geleugnet.

Heute zeigt sich Deutschland nach außen hin handzahmer und verdammt den Holocaust reumütig. Den Opfern des Nationalsozialismus werden traurig-nachdenkliche Gesichter, warme Worte und Suppe aus labbrigem Plastikgeschirr zugedacht. Verantwortung darf nur nichts kosten. Aggressiv reagieren die Deutschen, wenn beispielsweise den Griechen weder deutsche Austeritäts- noch Vergangenheitspolitik verständlich zu machen ist. Reparationsforderungen werden von der Bundesregierung als »dumm« zurückgewiesen.

Das alliierte »affirmative program of reorientation (…) to eliminate Nazi and militaristic doctrines and to encourage the development of democratic ideas« blieb hinter den damaligen Erwartungen zurück. Die Defizite im Bildungs- und Bewusstseinshaushalt in Deutschland sind offenkundig.

Nicht aufgrund hoher Nachfrage, sondern aus persönlicher und erzieherischer Notwendigkeit haben wir uns gemeinsam entschlossen, in diesem Jahr erstmals unsere »Summer School Of Reeducation« im Hamburger Golem auszurichten. In aller Widersprüchlichkeit soll gemeinsam der 70. Jahrestag der Niederschlagung Deutschlands gefeiert und die Widerwärtigkeiten hiesiger Erinnerungspolitik besudelt werden.

Bei einem Themengetränk unserer Wahl danken wir den Alliierten für die schöne Popmusik, zelebrieren wir die kollektive Wehrkraftzersetzung auf dem Altar unserer Existenzen, besingen das Leben, tanzen aus dem Takt und finden uns zu später Stunde vielleicht in fremden aber wärmenden Armen wieder.

HEREIN ZUM 8. MAI:
Um 21 Uhr beginnen wir mit einer Lesung aus Gisela Elsners „Die Riesenzwerge“, mit Pheline Roggan und Daniel Lommatzsch. Hiernach beginnt folgendes musikalische Rahmenprogramm, oben und unten und von der Seite:
MVDL (ill)
Torsun (Egotronic)
XVII (Institut für Zukunft)
Radio Granulitpavillon (Golem)
Phuong-Dan (Golden Pudel Club)
Gabriel Coburger & Dirk Dohnau (Fat-Jazz)

Musikalische Live-Miniaturen zum Thema von:
Frank Spilker (Die Sterne)
Thies Mynther (Phantom/Ghost) & Pola Schulten (Zucker)
Peter Thiessen & Florian Dürrmann (Kante)
Anton Spielmann (1000 Robota)
Rasmus Engler & Deniz Jaspersen (Herrenmagazin)
Mark Boombastik
Nova Huta
u.v.a.

Des Weiteren: Texte, Gaukler, Sensationen!

Eine Kooperation von Golem, Die Untüchtigen, ill, Audiolith Records, Institut fuer Zukunft, Gruppe für den organisierten Widerspruch, [a²] Hamburg, Freies Sender Kombinat und konkret

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