Unser Redebeitrag – Proteste gegen Querdenken am 15.01.2022

Aufruf zum Antifa-Block auf der Bündnisdemonstration vom Hamburger Bündnnis gegen Rechts : Verschwörungsideologie stoppen – Gegen jeden Antisemitismus & autoritäre Krisenlösungen

Redebeitrag:

Wir befinden uns jetzt im dritten Jahr der Pandemie und alles ist scheiße.

Wir zahlen mehr Miete als noch im März 2020. Unsere Jobperspektiven sind noch prekärer geworden. Und die Beschäftigten in Krankenhäusern sind nach wie vor am Rande der Erschöpfung.

Millionären und Milliardären weltweit hingegen hat die Corona-Zeit die Kassen gefüllt: Während Amazon-Beschäftigte in Flaschen pissen müssen, weil sie keine Zeit für eine Pause haben, konnte der ehemalige Amazon-Besitzer Jeff Bezos sein Vermögen steigern. Allein im Jahr 2020 um 74 Milliarden US-Dollar.

Nicht nur der inzidenzwert steigt und steigt – sondern auch unsere Wut.

Wir sind wütend, weil wir wieder so einen beschissenen Winter hatten, in dem das öffentliche und unser soziales Leben weitgehend stillstand. Ein Winter, in dem viele Menschen isoliert in ihren Wohnungen verkümmerten und viele Menschen starben. So hätte es nicht kommen müssen, würde die Politik es nicht seit 2020 regelmäßig verkacken.

Während Einzelne mit drakonischen Strafen und Ausgangssperren reglementiert worden sind, hatten und haben Unternehmen weitgehend freie Hand. Im Kapitalismus kann keine Pandemie so schlimm sein, dass die Geschäfte nicht weiterlaufen sollen. Der Staat schafft es, jugendliche Biertrinker wegen Corona-Regeln durch den Park zu jagen. Aber er scheitert zum Beispiel daran, Pflegekräfte besser zu bezahlen oder an einem vernünftigen Booster-Rollout.

Wir sind wütend, weil der Gesundheitssektor in den letzten Jahrzehnten privatisiert, zurechtgespart und nach Profitkritierien zurechtgestutzt wurde. Begrenzte Krankenhauskapazitäten, Triage-Fälle und Pflegekräfte mit Burnout sind kein Schicksal! Sie sind das Ergebnis einer neoliberalen Politik, die alles zur Ware macht. Auch unsere Gesundheit.

Und nicht zuletzt sind wir wütend wegen der Querdenken-Aufmärsche in ganz Deutschland: Faschos, Esos und andere besorgte Bürger. Kein Anliegen kann so richtig sein, dass es legitim wäre, Seite an Seite mit Nazis zu laufen. Wo NPD und AfD sich frei bewegen können, kann die Losung nur lauten: Stellt euch ihnen entgegen. Kein Fußbreit den Faschisten!

Leider jedoch haben viele – auch viele Linke – die Kritik an der Regierung und ihrer Verwaltung der Pandemie diesen diffusen Aufmärschen überlassen. Viel ist in Medien, Politikerinnen-Reden und Impfappellen von „Solidarität“ die Rede. Doch was soll das überhaupt noch bedeuten? Längst verschwindet hinter diesem Begriff die Frage nach Interessen. Nach Kräfte–, Macht und Ausbeutungsverhältnissen, die im Kapitalismus immer wenige Gewinner und viele Verlierer produzieren.

Jemand wie Karl Lauterbach hat in den letzten zwanzig Jahren maßgeblich dafür gesorgt, dass unser Gesundheitssystem derart im Arsch ist wie heute.

  • Er ist verantwortlich für die Privatisierung und Schließung von Krankenhäusern, die ihm als nicht rentabel genug galten
  • Er hat die Fallpauschale miteingeführt
  • Im Bundestag hat er gegen die Freigabe der Impfpatente gestimmt und gegen die Aufnahme von Geflüchteten. Und erst vor wenigen Tagen hat er einen allgemeinen Corona-Bonus für Pflegekräfte abgelehnt.

Welcher Hohn ist es, wenn Leute wie er – die für die Scheiße verantwortlich sind, in der wir stecken – jetzt von Solidarität reden?

Auch wir alle hier – die zum Glück heute zusammengekommen sind, um den Querdenkern den Mittelfinger zu zeigen – haben es uns politisch ein bisschen zu gemütlich gemacht beim Social Distancing in der Altbauwohnung. Haben die soziale Frage vergessen. Und die Pandemie als etwas behandelt, das nun mal so passiert. Dabei ist ihr Entstehen untrennbar verbunden mit kapitalistischem Raubbau an der Natur, der uns auch die Klimakrise eingebrockt hat.

Wir wissen keine Alternative zu 2G – und wir weisen Querdenkern-Parolen zurück, die jegliche Ausgrenzung und Ausbeutung in dieser Gesellschaft akzeptieren. Aber DIKTATUR schreien, wenn Ungeimpfte nicht mehr ins Kino dürfen.

Doch auch das Gegenteil ist falsch! Der Staat und Behörden werden jegliche Machtbefugnis nutzen, die man ihnen gewährt. Die Polizei nutzt Luca-Daten zur Strafverfolgung; die Ausgangssperre und Corona-Regeln wurden in der Vergangenheit bevorzugt angewendet, um Migrantinnen und Obdachlose zu schikanieren. Manche Politiker fordern mittlerweile gar: Der Zugang zum Gesundheitssystem soll (noch stärker) von individuellem Verhalten (zum Beispiel dem Impfstatus) abhängig gemacht werden. Ein dystopisches neoliberales Szenario, von dem nicht einmal Margaret Thatcher zu träumen gewagt hätte.

Lasst uns gemeinsam wirklich solidarisch sein! Zuallererst natürlich: Lasst euch impfen und boostern, falls ihr es noch nicht seid. Überzeugt alle, die noch nicht geimpft sind.

Und dann: Lasst uns für eine Gesellschaft streiten, in der wir nicht unsere Bedürfnisse an das Gesundheitssystem anpassen. Sondern wir das Gesundheitssystem an unsere Bedürfnisse anpassen.

Omikron ist als Virusvariante auch ein Resultat davon, dass die Verteilung des Impfstoffs nach Profitkriterien funktioniert. Es kann nicht sein, dass wegen der Gewinnabsichten der Pharma-Unternehmen viele afrikanische und asiatische Länder keinen Impfstoff bekommen, weil sie nun mal dafür nicht bezahlen können. Lasst uns die sofortige Freigabe aller Impfpatente fordern! Für die Enteignung von Biontech & Co!

Lasst uns gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in der Pflege und im Krankenhaus kämpfen! Und für eine Gesellschaft, in der alle haben, was sie wollen und brauchen, und alle ohne Angst verschieden sein können.

In diesem Sinne: Nazis aufs Maul! Organisiert den Widerspruch und für etwas besseres als Staat, Nation und Kapital!

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