Antinationaler Klönschnack #4

02. September 2014 | 20 Uhr | Gängeviertel: Irakkrieg und »IS«.
Über Imperialismus wollen die meisten nicht diskutieren. Und das auch ein bisschen zurecht. Denn das Thema ist ein moralisches Minenfeld, in dem es meistens um Bekenntnisse statt um Begriffe geht. Wir wollen es trotzdem mal versuchen. Am Beispiel des Irakkriegs und dem aktuellen Massenmord durch den Islamischen Staat (IS) im Irak und Syrien. 2003 haben die USA die Invasion des Irak gestartet. Die Lüge, dass der Irak über ABC-Waffen verfüge, haben die USA mit dem Gebrauch von uran-haltiger Munition im ganzen Land ein Stück weit wahr gemacht. Neben den erlogenen Rechtfertigungen des Krieges, gab es aber auch einen handfesten Grund: Der Irak hat die westliche Weltordnung gestört. Ein Staat im Nahen Osten, der genug Gewalt und ökonomische Potenz aufbringt, seinem nationalen Interesse ein Stück weit internationale Rechtsqualität zu verschaffen, sich aber nicht als Bündnispartner den USA unterordnet, war und ist nicht zu dulden für die Weltmacht Nr. 1.

Auf die kriegerische Zerschlagung des baathistischen Regimes folgten die Demokratisierung und Dezentralisierung des Iraks. Die Dezentralisierung der Staatsmacht bestand in föderalistischen Maßnahmen und der Ausnutzung rassistischer und religiöser Konflikte. Dies sollte verhindern, dass die Ökonomie des Iraks Grundlage einer zentralen Staatsmacht wird. Ein solcher Zentralstaat hätte ja wieder den Regionalmachtcharakter gehabt dessen Abschaffung der Zweck des Kriegs war. Gleichzeitig wurde der Irak demokratisiert, um die Konflikte zwischen den verschiedenen Rackets in eine politische Form zu gießen, die das Geschäft nicht stört. Die Dezentralisierung hat ein bisschen zu gut, die Demokratisierung nicht ganz so gut geklappt. Die durch die Dezentralisierung noch verstärkten Gegensätze zwischen den einzelnen Rackets wurden und werden mit privater Gewalt ausgetragen. Die dezentralisierte Staatsgewalt war teilweise ein Mittel dafür. Das Ergebnis ist ein andauernder Bürgerkrieg, ein failed state.

Der auch als »Arabellion« gefeierte Aufstand gegen das baathistische Regime in Syrien hat als vorläufigen Sieger der Schlachten den Islamischen Staat hervorgebracht. Gleichzeitig geht der Islamische Staat als vorläufiger Sieger der Dezentralisierungsbemühungen im Irak hervor. Dessen Islamismus als antiamerikanisch-moralische Erweckungsbewegung betätigt sein Strafbedürfnis in einem fortdauernden Gemetzel gegen beinahe jeden. Die moralische Verurteilung von anderen Religionen und jeglicher Lust, und allem als westlich markiertem macht sich praktisch als religiöses Recht, samt Gebetszwang, Folter und Massenmord.
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