01. März 2015 | 19 Uhr | Rote Flora
Im Rahmen von All my friends are debt. Veranstaltungsreihe zu Krise, Austerität und Widerstand.
Geht es gegen »Banken und Finanzmärkte«, findet sich manch vermeintlich radikaleR KapitalismuskritikerIn in trauter Eintracht mit Finanzminister, Fernseher und Frau Meier. Alle miteinander halten sie »die Gierigen, die den Hals nicht voll genug kriegen« für die Verursacher der Krise. Wer das kapitalistische Prinzip in »produktives Kapital« und »Finanzkapital« aufspaltet, landet zwangsläufig bei der Dämonisierung von Zirkulationssphäre und Finanzsektor. Eine alte Krankheit der Linken. Schon Lenins Imperialismustheorie und Dimitroffs Faschismusdefinition waren davon infiziert. Während Marx, für den Proletarier kein Vaterland hatten, von der freien Assoziation der Individuen träumte, feierten in der Linken »Völker« fröhliche Auferstehung – als eingebildete revolutionäre Antipoden des Finanzkapitals. Als ob es Auschwitz nicht gegeben habe, lebten und leben Teile einer vermeintlich radikalen Linken weiterhin im ideologischen Korsett der Zwanziger- und Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Blind dafür, was der Wahn vom »Kampf der ehrlich Arbeitenden« gegen die »Gierigen, die die Völker aussaugen« angerichtet hat, kämpfen sie gegen »Bankster und Spekulanten« und üben sich im Schulterschluss mit den reaktionärsten und menschenfeindlichsten Ideologien und Regimen der Welt. Der Referent zeigt Grundzüge einer nicht-regressiven, reflektierten Kapitalismuskritik als Bedingung gelingender Emanzipation auf.
Der Referent Lothar Galow-Bergemann kommt aus Stuttgart und schreibt unter anderem für konkret, Krisis und Jungle World.
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